Sie können 60 Stunden pro Woche arbeiten, ohne etwas für die Entwicklung Ihrer Kanzlei zu tun. Das Abarbeiten des Tagesgeschäfts bringt zwar die monatlichen Einnahmen. Diese basieren aber auf dem bestehenden Geschäftsmodell – sprich: auf den Mechanismen der Vergangenheit.
Die hohe Arbeitsleistung wird gern vorgeschoben, um sich in der trügerischen Sicherheit zu wiegen, dass man a) keine Zeit hat, irgend etwas zu ändern und b) mehr Arbeit hat als man schaffen kann. Also alles prima? In Wirklichkeit wird eine wichtige und inzwischen auch dringende Änderungen immer wieder verschoben: Die Anpassung des bestehenden Geschäftsmodells an die neuen Gegebenheiten.
Wie und wann wollen Sie die Digitalisierung Ihrer Kanzlei vorantreiben? Wann wollen Sie neue Geschäftsfelder entwickeln? Welche konkreten Schritte nehmen Sie sich vor? Setzen Sie diese auch um? Diese Fragen haben nichts mit dem Tagesgeschäft zu tun.
Kürzlich erklärte mir ein Steuerberater eindringlich, wie wichtig es wäre, sich mit solchen strategischen Fragen zu befassen. Quasi im gleichen Atemzug betonte er jedoch, dass er sich in den nächsten sechs Monaten nicht damit befassen könne, da jetzt erst mal die Jahresgespräche und -abschlüsse anstehen.
Das ist die Aussage und Haltung einer Fachkraft nicht die eines Unternehmers. Natürlich ist der Chef meist auch die beste Fachkraft einer Kanzlei. Wenn er aber ausschließlich in dieser Rolle verharrt, stellt sich die Frage: Wer entwickelt eigentlich die – ansonsten führerlose – Kanzlei weiter? Es fehlen die Vision, Zielsetzung und Motivationskraft eines Unternehmers.
Setzen Sie den Hut des Kanzlei-Unternehmers auf. Machen Sie dazu die folgenden fünf Schritte:
Schritt 1 – Schaffen Sie sich Klarheit über den Status Quo
Nehmen Sie sich 30 Minuten Zeit, und analysieren Sie Ihre monatliche Arbeitszeit! Wie viele Stunden verbringen Sie als Fachkraft, die ihre Fachkenntnis und Expertise zum Einsatz bringt? Wie viel Zeit tragen Sie den Hut eines Managers, der die Administration, Mandatsbeschaffung und Abarbeitung des Tagesgeschäfts organisiert? Und wie viele Stunden befassen Sie sich – als Unternehmer – mit der Weichenstellung und Entwicklung Ihrer Kanzlei?
Schritt 2 – Bewusstsein über die Rollenschaffen
Machen Sie sich täglich bewusst, unter welchem „Hut“ Sie gerade arbeiten. Wann agieren Sie als Fachkraft, Manager oder Unternehmer. Machen Sie sich die Mühe, und definieren Sie für sich und Ihre Kanzlei, welche Aufgaben zu welcher Rolle gehören.
Schritt 3 – Bei Handlungsbedarf aktiv werden
Sollte sich aus dieser Analyse ein Handlungsbedarf in Sachen Kanzlei-Entwicklung ergeben, werden Sie umgehend aktiv! Geben Sie diesem Bereich höchste Priorität! Das heißt nicht, dass Sie viel Zeit damit verbringen müssen. Vielmehr bedeutet es, dass die von Ihnen für die Kanzlei-Entwicklung reservierte Zeit auch kompromisslos dafür genutzt wird.
Schritt 4 – Mit Jour Fixe beginnen
Am besten richten Sie ab sofort einen „Jour fixe“ ein, an dem Sie sich mit strategischer Arbeit befassen, z.B. jeden Freitag von 15 bis 18 Uhr. Diese Zeit freizuschaufeln, ist der erste Schritt für eine Veränderung. Tragen Sie diesen Termin für die nächsten drei Monate fest in Ihren Terminkalender ein, und lassen Sie sich in dieser Zeit von nichts und niemandem ablenken.
Schritt 5 – Fragen zur Entwicklung
Beschäftigen Sie sich in Ihrer Unternehmer-Zeit mit Fragen zur Weichenstellung Ihrer Kanzlei, z.B. Wie kann ich den Nutzen für meine Mandanten steigern und mich damit unentbehrlich machen? Wie kann ich dazu meine bestehenden Kräfte und Ressourcen optimal einsetzen? Wie kann ich die Chancen der Digitalisierung dafür nutzen? Wo kann ich zukünftige Entwicklungsschwerpunkte für meine Kanzlei setzen? Wie erreiche ich eine wettbewerbsfreie Alleinstellung?
Vielleicht müssen Sie für diese Maßnahmen Ihre „Komfortzone“ verlassen, aber Sie können dadurch auch viele neue Chancen entdecken. Albert Einstein prägte den Satz: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Vielmehr ist es von entscheidender Bedeutung, den Blickwinkel auf sein bisheriges Geschäft und damit die Perspektive zu verändern – die typische Aufgabe eines Unternehmers.